Heute hat der Bundesgerichtshof (BGH) gleich zwei für uns DatenschützerInnen wichtige Entscheidungen verkündet:
- einen EuGH-Vorlagebeschluß in Sachen vzbv gegen Facebook und
- die Umsetzung des EuGH-Cookie-Urteils
- [Update 08.07.2020] Die Leitsätze des Urteils [/Update]
- Links zum BGH-Cookie-Urteil.
Hier finden Sie erste Informationen zu den Beschlüssen des BGH, zu denen zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrags nur die Pressemitteilungen vorlagen.
1. EuGH Vorlagebeschluß in Sachen
vzbv gegen Facebook
Der BGH schreibt in seiner Pressemitteilung vom 28.05.2020 (Hervorhebung von mir) u.a.:
„Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die in Kapitel VIII, insbesondere in Art. 80 Abs. 1 und 2 sowie Art. 84 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutzgrundverordnung) getroffenen Bestimmungen nationalen Regelungen entgegenstehen, die – neben den Eingriffsbefugnissen der zur Überwachung und Durchsetzung der Verordnung zuständigen Aufsichtsbehörden und den Rechtsschutzmöglichkeiten der betroffenen Personen – einerseits Mitbewerbern und andererseits nach dem nationalen Recht berechtigten Verbänden, Einrichtungen und Kammern die Befugnis einräumen, wegen Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte einzelner betroffener Personen und ohne Auftrag einer betroffenen Person gegen den Verletzer im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten vorzugehen.“
Die Beantwortung dieser Frage sollte dann auch höchstrichterlich klären, inwieweit Abmahnungen wegen Datenschutzverstößen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb noch zulässig sind, eine doch intensiv diskutierte Frage, bei der einige Gerichte der zweiten Instanz sich für ein „ja“ entschieden haben.
Pressemitteilung des BGH vom 28.05.2020
- Beschluss vom 28. Mai 2020 – I ZR 186/17 (liegt noch nicht vor, eine detailliertere Darstellung erfolgt nach Veröffentlichung des Beschlusses)
- [Update 29.05.2020] community.beck.de – Prof. Dr. Katrin Blasek, LL.M., 29.05.2020:
„Abmahnungen durch Mitbewerber und Verbände nach DSGVO möglich? BGH-Vorlage an EuGH“ [/Update]
2. Umsetzung des EuGH-Cookie-Urteils
Nachdem der EuGH die Vorlage-Fragen mit seinem Urteil vom 01. Oktober 2019 beantwortet hat, hat auch der BGH am 25. Mai2020 sein Urteil gefällt. Dieses Urteil überrascht DatenschützerInnen nicht wirklich. Der BGH schreibt in seiner Pressemitteilung vom 28.05.2020 u.a.:
„Die von der Beklagten in Form einer Allgemeinen Geschäftsbedingung vorgesehene Einwilligung des Nutzers, die den Abruf von auf seinem Endgerät gespeicherten Informationen mithilfe von Cookies im Wege eines voreingestellten Ankreuzkästchens gestattet, stellt sowohl nach dem im Zeitpunkt der beanstandeten Handlung geltenden Recht als auch nach dem im Entscheidungszeitpunkt geltenden Recht eine unangemessene Benachteiligung des Nutzers dar. „
Der BGH führt weiter aus, dass eine „Einholung der Einwilligung mittels eines voreingestellten Ankreuzkästchens“ mit der vor dem Gültigwerden der DSGVO geltenden Rechtslage unvereinbar war und dass sich diese Unvereinbarkeit durch das Gültigwerden der DSGVO nicht geändert hat.
A. [Update 08.07.2020] Die Leitsätze des BGH-Cookie-Urteils vom 28. Mai 2020:
- Eine wirksame Einwilligung in telefonische Werbung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG liegt nicht vor, wenn der Verbraucher bei der Erklärung der Einwilligung mit einem aufwendigen Verfahren der Abwahl von in einer Liste aufgeführten Partnerunternehmen konfrontiert wird, das ihn dazu veranlassen kann, von der Ausübung dieser Wahl Abstand zu nehmen und stattdessen dem Unternehmer die Wahl der Werbepartner zu überlassen. Weiß der Verbraucher mangels Kenntnisnahme vom Inhalt der Liste und ohne Ausübung des Wahlrechts nicht, die Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmer die Einwilligung erfasst, liegt keine Einwilligung für den konkreten Fall vor.
- § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG ist mit Blick auf Art. 5 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2002/58/EG dahin richtlinienkonform auszulegen, dass der Diensteanbieter Cookies zur Erstellung von Nut-zungsprofilen für Zwecke der Werbung oder Marktforschung nur mit Einwilligung des Nutzers einsetzen darf. Eine elektronisch zu erklärende Einwilligung des Nutzers, die den Abruf von auf seinem Endgerät gespeicherten Informationen mithilfe von Cookies im Wege eines voreingestellten Ankreuzkästchens gestattet, genügt diesem Einwilligungserfordernis nicht.
(Quelle:Urteil: I ZR 7/16 vom 28.05.2020)
B. [Update 29.05.2020] Hier noch erste (externe) Links zum BGH-Cookie-Urteil vom 28. Mai 2020:
- datenschutzguru.de – Stephan Hansen-Oest, 28.05.2020:
„BGH zu Cookies und dem Erfordernis von Einwilligungen – („Planet 49“) – Heute hat der BGH sein Urteil im sog. „Planet 49“-Verfahren gesprochen. Zuvor hatte der EuGH bzgl. einiger Fragen zu Cookies dem EuGH Fragen vorgelegt. Hieraus resultierte das sog. „Planet 49“-Urteil des EuGH (Urteil vom 01.10.2019, Az.: C-673/17). Durch dieses Urteil des EuGH war – in Verbindung mit den Vorlagefragen des BGH – die heutige Entscheidung schon ein wenig im Voraus zu erahnen.„
- LTO.de – Jens Nebel, LL.M., 28.05.2020:
„BGH zum Datenschutz Cookie-Einwilligung muss aktiv angekreuzt werden – Wer Cookies setzen will, braucht die aktive Zustimmung des Nutzers. Vorausgefüllte Kästchen genügen nicht, entschied der BGH am Donnerstag und gab der vzbv Recht.„
- vzbv.de – Klaus Müller, 28.05.2020:
„BGH stärkt digitale Privatsphäre und setzt enge Grenzen für Cookie-Einsatz – Unternehmen, die auf ihrer Webseite Cookies zur Auswertung des Surf- und Nutzungsverhaltens seiner Kunden einsetzen, brauchen dafür eine vorherige informierte Einwilligung der Betroffenen. Eine bereits vorangekreuzte Einverständniserklärung reicht dafür nicht aus. Das hat heute der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Verfahren des Verbraucherzentrale Bundesverfahrens (vzbv) gegen den Gewinnspielanbieter Planet49 entschieden.„
- migosens.de – Markus Zechel , 28.05.2020:
„Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Einwilligung in die Speicherung von Cookies – Heute hat der Bundesgerichtshof sein Urteil zu einer Verhandlung verkündet, auf das nicht nur Datenschützer lange warten mussten. Auch die Betreiber von Webseiten werden am heutigen Tag aufmerksam nach Karlsruhe schauen. Das Urteil setzt einen Schlusspunkt unter ein Verfahren, dass nicht nur für die Bundesrepublik Deutschland Auswirkungen hat, sondern in der gesamten Europäischen Union zu bemerken ist.“ – In diesem Beitrag wird auch der Verfahrenshergang übersichtlich dargestellt. [/Update]